Alternative zu explosiver Reaktion entdeckt: Nitrat-Reduktion für sicherere Aryldiazonium-Chemie

  • Datum 3. Mai 2024

Seit über 100 Jahren nutzt die chemische Industrie eine Reaktion mit explosiven Chemikalien – nun haben Mülheimer Wissenschaftler eine sicherere Alternative entdeckt.

Aryldiazoniumsalze, die seit 140 Jahren genutzt werden, sind sehr reaktiv und dadurch für die Herstellung anderer Verbindungen äußerst nützlich. Die hohe Reaktivität hat allerdings zur Folge, dass isolierte Aryldiazoniumsalze nicht sehr stabil sind und daher auch ungewollt und teilweise explosionsartig reagieren können. So kam es am 23. Dezember im Jahre 1969 bei der Firma Ciba AG in Basel zu einer besonders schweren Explosion, bei der drei Arbeiter getötet und 31 schwer verletzt wurden.

Einem Team um Prof. Dr. Tobias Ritter, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, ist es nun gelungen, die risikobehaftete Chemie mit Aryldiazoniumsalzen deutlich sicherer zu machen. Das Mülheimer Protokoll macht die Nutzung dieser Verbindungen aber nicht nur weniger gefährlich, sondern eröffnet potentiell auch Möglichkeiten für die Entwicklung ganz neuer Reaktionen.

Die neue Strategie basiert auf der Nutzung eines natürlichen Prozesses, der Nitratreduktion, welcher in Pflanzen für den Stoffwechsel von Enzymen durchgeführt wird. Den Forschern ist es gelungen, den natürlichen Prozess im Reagenzglas zu kopieren und mit Aryldiazoniumchemie zu kombinieren, um so eine sicherere Synthesemethode zu entwickeln.

Dadurch, dass die Forscher in ihrem neuen Protokoll mehrere Schritte kombinieren, kommt es erst gar nicht zu größeren Konzentrationen der gefährlichen Substanz. Zudem nutzt die Technologie Chemikalien, die in großen Mengen in der Düngemittel- und Kraftstoffindustrie verwendet werden. Dies könnte den Syntheseweg für Unternehmen der Chemieindustrie überaus interessant machen, da es niedrigere Produktionskosten bedeutet.

Die Methode basiert auf einer Zufallsentdeckung im Rahmen eines anderen Projektes. Wissenschaftlich spannend sei sie auch deshalb, weil man jetzt ganz neue chemische Ansätze verfolgen könne, die mit der klassischen Methode aufgrund der hohen Explosionsgefahr und Instabilität der Verbindungen nicht möglich waren.

Die Originalpublikation „Nitrate reduction enables safer aryldiazonium chemistry“ ist in der Zeitschrift Science erschienen.

Quelle: Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Neuigkeit „Sichere Alternative für explosive Reaktion“, 25. April 2024 https://www.kofo.mpg.de/983407/2024-04-25-scienceritter